Synästhesie: Farben hören und Buchstaben schmecken

Was ist Synästhesie? Und hab ich das auch?

Synästhesie, komm mit mir heute in die fantastische Welt der gehörten Farben und herzhaft-leckeren Buchstaben. Nein, es geht nicht ums Kochen, sondern um ein neuro­bio­lo­gisches Phäno­men, was in meine Kalligraphie-Kunst hineinfließt.

In diesem Artikel erkläre ich dir:

  1. Was Synästhesie ist. 
  2. In welchen Arten sich Synästhesie ausdrückt.
  3. Was meine Erfahrungen sind, wie meine erste Begegnung damit und mein tägliches Erleben ist.
  4. Und welche Vorteile und Herausforderungen Synästheten im Alltag haben. 

Starten wir mit der Frage:

Synästhesie: Was ist das eigentlich?

Ich zitiere an dieser Stelle die „Deutsche Synästhesie-Gellschaft e. V.“, die sich seit Jahren intensiv mit der Erforschung sowie der fundierten Aufklärung von Synästhesie als neuro­bio­lo­gisches Phäno­men beschäftigt und die Vernetzung Synästheten unterstützt.

Die Begriffserklärung:

„Das Wort Synästhesie ist abgeleitet von den altgriechischen Wörtern syn (= zusammen) und aisthesis (= Empfinden), laut Duden die gleichzeitige Miterregung eines Sinnesorgans bei Reizung eines anderen. 

Synästhesie beruht auf einem zusätzlichen Kanal der Wahrnehmung. Manche Synästhetiker können Buchstaben fühlen oder Worte schmecken. Andere können Laute, d.h. Töne, Geräusche oder auch Sprache in Farben wahrnehmen. 

Synästhesie ist keine Erkrankung!

Sondern das Resultat einer spezifischen Vernetzung im Gehirn, die relativ selten vorkommt. Aufgrund der Häufung in Familien wird Erblichkeit angenommen.

Das war die wissenschaftliche Sicht.

Fragst du dich, wie sich Synästhesie ausdrückt? Erfahre im nachfolgenden Abschnitt, welche 3 sehr häufig vorkommenden Arten von Synästhesie es gibt.

Vielleicht erkennst du dich sogar wieder?

3 typische Arten der Synästhesie

  1. Das farbige Hören: Dabei kannst du Tönen in Farben, Strukturen und Formen vor deinem inneren Auge sehen.
  2. Die Graphem-Farb-Synästhesie: Bei dieser ordnest du konsistente Farben zu bestimmten Zeichen. Das können Zahlen oder Buchstaben sein.
  3. Die Sequenz-Raum-Synästhesie: Hier siehst du Zeiteinheiten wie z.B. Wochentage, Monate, das Jahr oder auch Ziffern in einer bestimmten räumliche Anordnung bzw. Position vor dem inneren Auge.

Aber es gibt noch viele weitere Ausprägungen für Synästhesie, wie z. B. das Schmecken von Wörtern oder das Farbsehen von Gerüchen.

Wenn dich die Neugier auf noch mehr Arten gepackt hat, dann schau dir gerne die Synästhesie-Liste von Sean Day“ an (Quelle: „Deutsche Synästhesie Gesellschaft e. V.“), die dir sehr detaillierte Informationen darüber gibt. 

Meine Synästhesie

Sie war für mich bis vor 1 Jahr völlig unbekannt und meine Wahrnehmumgen das Normalste überhaupt. Ich erfuhr, dass es den meisten Synästheten so geht. Bis sie sich mit Freuden, Familie oder Kollegen über ihre Empfindungen austauschen, und: 

  • schallendes Lachen oder Kopfschütteln,
  • Sätze, wie: „Du spinnst ja!“ oder „Ich glaub, du bist verrückt!“ hören.
  • Oder im besten Fall: Einem anderen Synästheten gegenüber stehen und sich echt verstanden fühlen.

Ich weiß, negativen Reaktionen können Angst machen und dir das Gefühl geben, dass du dich irgendwie „falsch“ fühlst. Aber es ist nichts falsch! Du bist einfach eine/einer von weltweit 4-5 % der Menschen gibt, die Synästheten sind. Weshalb Unverständnis ein guter Grund für Aufklärung ist.

Mir sind alle 3 Reaktionen in den letzten Monaten begegnet. 

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Aber, wie fing alles an?

Ich befand mich gerade in einer intensiven Weiterbildungs-Phase.

„Sprechen die gerade von mir?“ 

Dieser Gedanke zuckte durch mich, wie ein Blitz. Ich saß entspannt auf meinem Sofa und war gerade dabei, mir ein erstes Video zum Thema Synästhesie anzusehen. 

Zuvor hatte ich „Klänge in Farben sehen“ in die Suchmaschine eingegeben und war verblüfft, was sich mir offenbarte. Denn ich hatte keine Ahnung, was Synästhesie überhaupt ist, und dass diese zusätzliche Wahrnehmung bei ca. 4-5 % der Menschen weltweit möglich ist. 

Ich war hin und her gerissen: Zum einen tief berührt und doch noch sehr skeptisch: Sollte es wirklich war sein, dass ich Synästhetin bin?“ Denn ich wollte nichts glauben, was ich nicht bin. Du weißt sicher was ich meine?

Aber ich musste immer wieder daran denken, dass ich monatelang keine Worte für das gefunden hatte, was ich beim Kreieren innerlich sehen, fühlen und in meiner Kunst plötzlich ausdrücken konnte.

„Ich kann es nicht beschreiben. Aber es ist etwas in mir, das raus muss!“ 

Das hatte ich damals zu meiner Künstlerinnen-Freundin Tamara gesagt, mit der ich die „Schriftfarbspiele“ veranstaltete, einer Community-Aktion für Kunst-Begeisterte. Dabei verbanden wir Mixed Media Art mit Experimenteller Kalligraphie.

Zu diesem Zeitpunkt fing ich an, meinen Kalligraphie-Kosmos (in dem es bisher hauptsächlich meine Spitzfeder gab) mit selbstgebauten Tools zu erweitern.

Ich schrieb Kalligraphie frei aus mir heraus und malte Flächen, Verläufe und nutzte Methoden, die ich noch nie zuvor verwendet hatte. Und das alles ganz nach diesem Gedanken, der in mir arbeitete: 

„Ich schreibe was ich fühle. Ich fühle was ich schreibe.“

Die Musik war immer an meiner Seite und erzeugte all das in mir.

Beim Schreiben wählte ich Farben, die ich in der Musik hörte und drückte die Klänge in Strukturen und Konsistenzen aus. 

Sie sahen vor meinem inneren Auge:

  • weich-fließend, spritzend, verlaufend oder tropfend aus,
  • konnten einfach nur kratzig und rauh sein oder sie waren
  • Goldig, Himmelblau bzw. wechselte zu Grau-Anthrazit.

Meine Schrift wurde zur Erzählerin.

Ich hörte auf zu zweifeln und nahm meine Synästhesie an.

Heute nutze ich sie als Kalligraphie-Künstlerin ganz bewusst. Schließe die Augen und gehe in mein Inneres:

  • Erforsche, welcher Klang oder Rhythmus, welche Farben haben: „Dieser Song ist Rot-Schwarz.“,
  • wie Bewegungen und Tanz Strukturen vor meinem inneren Auge erzeugen: „Das ist nebliger Tanz in Rosé.“ oder
  • wie Gesang und Sprache Farben und Konsitenzen bilden: „Seine Stimme klingt golden, füllig und weich.“.
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Je tiefer ich mich mit der Materie Synästhesie beschäftigte:

Desto mehr Details und Verbündete im echten Leben und in der Vergangenheit traten ans Licht.

Wie die Tatsache, dass es Synästheten schon vor hunderten von Jahren gab. Sicher kennst du diese bekannten Persönlichkeiten:

  • die beiden Maler: Wassily Kandinsky und Paul Klee oder
  • die Komponisten: Franz Liszt und Jean Sibelius.

Auch die zeitgenösischen Musikerinnen Lady Gaga oder Billie Eilish sind Synästhetinnen.

So spannend! Oder?

Kommen wir zum Schluss zu 3 Vorteile und 3 Herausforderungen, die Synästheten im Alltag haben.

3 Vorteile, die Synästheten haben:

Nr. 1 | Ihre Emotionale Kompetenz: Synästheten können sich sehr gut in andere hinein versetzen und tief fühlen, was das Gegenüber bewegt. Sie haben eine hohe Emphatie, die aus ihrer emotionale Stärke wächst. Diese beruht darauf, dass sie sich selbst beobachten, reflektieren, ihre Gefühle erkennen und einordnen können.

Nr. 2 | Synästheten haben eine erhöhte Kreativität: Weil sie ihre zusätzlichen Wahrnehmungen als Inspirationsquelle für Ideen und ihre künstlerischen Arbeiten nutzen, um sich vielseitig und originell ausdrücken zu können. Das bedeutet aber nicht, dass ihre Werke grundsätzlich als kreativer bezeichnet werden.

Nr. 3 | Ihre starke Intuition: Synästhetiker haben schnell eine starke Überzeugung von etwas, ohne dies sofort mit Worten und Fakten belegen zu können. Wenn du sie gefragst: Woher willst du das wissen?“, ist es nicht verwunderlich, dass du diese Antwort bekommst: „Ich weiß es nicht genau. Mein Gefühl sagt mir das.“

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3 Herausforderungen, die Synästheten oft empfinden:

Nr. 1 | Nicht ernst genommen zu werden: Synästheten sehen sich manchmal mit Vorurteilen konfrontiert. Zum Beispiel in dem ihre Fähigkeiten als Spinnerei abgetan, im schlimmsten Falle sogar als „krank“, „unnormal“ oder „verrückt“ betitelt werden.

Nr. 2 | Sich erklären zu müssen, wenn du es nicht will: Synästhesie ist für Synästheten alltäglich. Vielen fällt sie gar nicht auf. Sich anderen erklären zu müssen, kann Verunsicherung und Angst auslösen oder auch das Gefühl vermitteln, „anders“ zu sein. Oder im anderer Fall, kann übertriebene Bewunderung, Leistungsdruck und Kreativ-Blockaden auslösen. Deshalb: „Keep cool!“

Nr. 3 | Hochsensibilität: Hochsensibel, heißt auch schnell von Reizen überflutet und überlastet zu sein. Deshalb ist es wichtig, dass du von deiner Hochsensibilität weißt, Entspannung und Auszeiten eingeplanst und dich in gewisse Situationen (bei denen du weißt, dass sie dich überfordern) nur im Ausnahmefall begibst.

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Du bist Synästhetin/Synästhet und fragst dich: „Wie finde ich Gleichgesinnte?

Schau gerne bei der Deutsche Synästhesie Gesellschaft e. V. (→Link), die sich für Vernetzung einsetzen. Dort gibt es regionale Gruppen und wiederkehrende Termine.

Synästhesie: Hab ich das auch?

Nach meinem Artikel kannst du vielleicht einordnen, ob du Synästhetin oder Synästhet bist. Denn jetzt weißt du, was Synästhesie ist, wie sie sich anfühlt, kennst einige Arten, meine persönlichen Erfahrungen und mit welchen positiven Seiten und Hürden Synästheten leben.

Das Anerkennen, dass ich Synästhetin bin, war ein Prozess. Der beim intuitiven Kreieren begann, zur Entdeckung führte, durch die Angst ging (nicht verstanden zu werden) und der mich zu meiner heutigen Dankbarkeit führte diesen Schatz in mir zu tragen und für meine Experimentelle Kalligraphie nutzen zu können.

Dieses Bewusstsein der Synästhesie ermöglicht mir es jetzt, mehr darüber zu sprechen:

  • Hier in meinem Kunst & Kalligraphie-Blog.
  • Auf meinem YouTube-Kanal (irmalinkkalligraphie) und
  • bei öffentlichen Vorträgen über meine Experimentelle Kalligraphie, die durch Synästhesie geprägt ist.

Fühl dich eingeladen, mir von deiner Synästhesie zu erzählen. Oder welche Frage du dazu hast. Nutze dafür meinen Kontakt:

Auf farbenreiche Kunst-Stunden!

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Quellen: